Ich schreibe in meiner Freizeit ziemlich viel. Am besten
kann man die Texte wohl als Kurzgeschichten beschreiben, allerdings sind einige
von ihnen wirklich sehr kurz. Ich mache das bereits seit geraumer Zeit,
allerdings war das zunächst für mich selbst gedacht um einen Ausgleich zu
meiner Magisterarbeit zu finden. Irgendwann habe ich jedoch festgestellt, dass
mir das schreiben Spaß macht und das man manchmal sehr faszinierende Dinge über
sich selbst lernen kann. Ich habe nun in den letzten zwei Monaten mehr versucht
"ernsthaft" zu schreiben, mich also mehr darauf zu konzentrieren,
längere in sich geschlossene Geschichten zu verfassen.
Ich möchte nicht alle Geschichten hier teilen, da ich vor
habe die besseren Projekte in irgendeiner Form zusammenzufassen und zu
veröffentlichen. Aber nicht jeder Text passt in das rein, was mir vorschwebt
und da diese Texte ansonsten nur vor sich hingammeln würden, dachte ich mir,
dass ich so genauso gut auch hier reinstellen könnte.
Der Text heute ist recht speziell, weil mir an ihm etwas
aufgefallen ist. Ich habe ihn irgendwann im letzten Jahr, direkt nach dem
Aufstehen geschrieben:
Ein x-beliebiges Lifestyle Café in einer x-beliebigen
deutschen Großstadt. In der hintersten Ecke sitzen ein Mann und eine Frau. Sie
unterhalten sich. Vermutlich über Dinge, über die sich Menschen in solchen
Orten immer unterhalten. Die Arbeit, das Wetter oder Politik.
"Einbildungssache! Es ist alles Einbildungssache!"
Rief der Mann mit einem Male laut aus.
"Einbildungssache? Meinst du nicht eher
'Einstellungssache'?" Die Frau war verwirrt.
"Nein." Er nahm einen Schluck aus seiner
Kaffeetasse und lehnte sich zurück.
Sie hasste es, wenn er das tat. Jetzt demonstrierte er
wieder, wie viel er doch von den tieferen Mechanismen der Welt verstand.
Momente wie dieser gaben ihr immer ein Gefühl von Unvollkommenheit. Sie fühlte
sich dumm.
Immer gelang es ihm ein Gespräch über die banalsten Dinge
der Welt in die tiefsten philosophischen Abgründe abgleiten zu lassen. Nicht
ein Mal konnte sie eine Geschichte von der Arbeit erzählen, ohne das er mit
einem absonderlichen Konstrukt ankam, was all dies erklären könne.
"Jetzt erwartet er sicher, dass ich ihn frage was genau
er damit meine. Damit er sich danach wieder intelligent fühlen kann. Ich bin es
Leid vorgeführt zu werden. Wieso verschwende ich überhaupt meine Zeit mit ihm?"
Sie stand auf und ging.
Er blieb alleine zurück.
Wenn ich solche Texte schreibe, entscheide ich immer
spontan, welches Geschlecht die Protagonisten haben. Ich versuche grundsätzlich
möglichst wenig zu "denken", wenn ich schreibe, sondern einfach nur
den Text fließen zu lassen.
Ich mag das Thema des Textes irgendwie: Eine Person, die
immer versucht alles allgemeiner zu erklären, bringt mit ihrem Verhalten eine
andere Person soweit, dass diese einfach geht. Das Thema stammt auch aus meinen
eigenen Erfahrungen, bzw. Ängsten. Ich habe nämlich die Tendenz immer in allem
irgendwelche höheren Konzepte zu sehen, was vermutlich manchmal etwas
anstrengend ist beim zuhören.
Allerdings ist hier auch etwas anderes zu sehen, was man
merkt, wenn man die Geschlechter der Protagonisten tauscht:
Ein x-beliebiges Lifestyle Café in einer x-beliebigen
deutschen Großstadt. In der hintersten Ecke sitzen ein Mann und eine Frau. Sie
unterhalten sich. Vermutlich über Dinge, über die sich Menschen in solchen
Orten immer unterhalten. Die Arbeit, das Wetter oder Politik.
"Einbildungssache! Es ist alles Einbildungssache!"
Rief die Frau mit einem Male laut aus.
"Einbildungssache? Meinst du nicht eher
'Einstellungssache'?" Der Mann war verwirrt.
"Nein." Sie nahm einen Schluck aus ihrer
Kaffeetasse und lehnte sich zurück.
Er hasste es, wenn sie das tat. Jetzt demonstrierte sie
wieder, wie viel sie doch von den tieferen Mechanismen der Welt verstand.
Momente wie dieser gaben ihm immer ein Gefühl von Unvollkommenheit. Er fühlte
sich dumm.
Immer gelang es ihr ein Gespräch über die banalsten Dinge
der Welt in die tiefsten philosophischen Abgründe abgleiten zu lassen. Nicht
ein Mal konnte er eine Geschichte von der Arbeit erzählen, ohne das sie mit
einem absonderlichen Konstrukt ankam, was all dies erklären könne.
"Jetzt erwartet sie sicher, dass ich sie frage was
genau sie damit meine. Damit sie sich danach wieder intelligent fühlen kann.
Ich bin es Leid vorgeführt zu werden. Wieso verschwende ich überhaupt meine
Zeit mit ihr?"
Er stand auf und ging.
Sie blieb alleine zurück.
Der Ton scheint sich vollkommen verändert zu haben,
zumindest in meinen Augen. Eigentlich geht es in der Geschichte darum, wie eine
Person irgendetwas Fundamentales verstanden zu haben scheint, die andere Person
diese Freude jedoch als Angriff auf deren Intelligenz wahrnimmt, frustriert ist
und geht.
Durch die Attribution von Geschlechtern zu den Protagonisten
kommen jedoch auch unsere allgemeinen Bilder über diese Geschlechter in die
Geschichte mit hinein.
In der ersten Geschichte demonstriert der Mann, dass er
irgendetwas verstanden hat. Der Frau wiederum reicht es, permanent das Gefühl
zu haben, als Vehikel zu dienen, an dem sich der werte Herr ob seiner großartigen
Intelligenz erfreuen kann. Anscheinend hat er kein echtes Interesse an ihr als
Person.
In der zweiten Geschichte wirkt es eher so, als dass der
Mann frustriert sei, dass er sich in ihrer Gegenwart permanent dumm fühlt. Der
Fokus scheint, zumindest in meinen Augen, eher auf der Ego-Verletzung des
Mannes und weniger auf der Abgehobenheit der Frau zu liegen.
In beiden Fällen, wissen wir nicht, wie die Gespräche
zwischen den Personen zuvor verlaufen sind. Vielleicht hat die Person die geht
ja recht? Vielleicht übertreibt sie auch, weil sie sich ohnehin permanent dumm
fühlt. Was zuvor geschah ist unserer Vorstellungskraft und damit auch unseren
Vorannahmen und Projektionen überlassen. Ich denke, dass hier der Grund liegt,
warum ich die gleiche Geschichte unterschiedlich bewerte. Es ist gut möglich,
dass andere Leute, dies ganz anders bewerten. Vielleicht sehen sie ja auch gar
keine Unterschiede.
Ich selbst habe nicht wirklich mehr zu der Sache zu sagen.
Ich dachte nur, dass mal ganz faszinierend sei, diese Geschichte zu teilen. Wenn
jemand andere Interpretationen und Erklärungen hat, wäre ich sehr froh sie zu
hören.